Mag. (FH) Lisa Exner-Vanek, MSc

Erste Hilfe Workshops, Coaching, psychosoziale Beratung



Fallbeispiel

Ein Klient kam mit dem Anliegen zu mir, sich mit dem schwierigen Verhältnis zu seiner Schwester auseinanderzusetzen.*

Lüge und Wahrheit
Viele Menschen wünschen sich, dass es harmonisch in ihren Familien zugeht - Turbulenzen gibt es ausserhalb schon genug und somit wäre es wünschenswert, dass die Familie der Platz ist, wo man Trost, Halt und Verständnis bekommt. Das sind sehr verständliche und zutiefst menschliche Bedürfnisse. Um jedoch im kosmischen Sinne lernen zu können, kann es (leider) nicht immer harmonisch zu gehen. Einige Menschen habe die Aufgabe in diesem Leben bekommen, für andere Personen "nicht angenehm" zu sein. Und so könnte das auch bei der Schwester meines Klienten der Fall sein. Es könnte sein, dass ihr Verhalten dazu dient, dass Familienmitglieder lernen den Unterschied zwischen Lüge und subjektiver Wahrheit kennenzulernen. In dieser Familie gibt es - ausgehend von der Schwester - viele Geheimnisse. Durch die Verbreitung und Bewachung dieser Geheinmisse räumt sie sich ein, DIE innerfamiliäre Instanz für Lüge und Wahrheit zu sein. Es könnte daher auch darum gehen Tabuisierungen aufzuheben, über Geschehenes sprechen zu lernen und sich damit zu beschäftigen, ob es möglich ist, objektive Wahrheit zu kreieren. Die Schwester dieses Klienten bietet hierzu eine riesige Spielwiese an. Für meinen Klienten ist es wichtig zu lernen, die Emotionen seiner Schwester als einen Teil des Lernprogrammes aller Familienmitglieder anzuerkennen. Alle haben die Chance an dieser Situation zu wachsen. Was ein Mensch für sein seelisches Wachstum braucht, muss nicht gleichbedeutend damit sein, dass dieser Mensch angenehm oder leicht zu ertragen ist. Der Kontakt der Familienmitglieder mit der Schwester des Klienten könnte auch dazu dienen, dass alle verstehen lernen, dass es keine objektive Wahrheit gibt, aber eine Einigung auf eine gemeinsame Realität. Um dies trainieren zu können, generiert die Schwester des Klienten laufend für die Familie aufwühlende Wahrheiten, die für die Anverwandten unverständlich und schmerzlich sind und fördert damit die Auseinandersetzung und die Suche nach einer gemeinsamen Realität. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass sie Dinge anders wahrnimmt und ihr Fokus sehr stark darauf ausgerichtet ist, sich damit zu beschäftigen ihre subjektive Wahrheit in die Welt zu tragen und diese als wahrhaftig darzustellen. Vielleicht geht es ausserdem in dieser Familie darum sich in diesem Leben damit zu beschäftigen, wie wird Lüge zu Wahrheit? Und möglicherweise geht es bei der Schwester meines Klienten auch darum, die Erfahrung zu machen, wie entsteht Einsamkeit durch authentische objektive Lüge. So schwierig das auch zu sein scheint, gilt es auch der Schwester Dank und Anerkennung auszusprechen, da sie eine sehr schwere Aufgabe übernommen hat, indem sie durch ihr Verhalten einen wichtigen Beitrag für das Lernen jedes einzelen und der gesamten Familie leistet. Es ist eine sehr fordernde Aufgabe, sich auf diese Weise für das Gesamtsystem zur Verfügung zu stellen.

Text und © Lisa Exner-Vanek
*Inhalt würde mit Erlaubnis des Klienten veröffentlicht


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